Erste Hilfe für die Seele

Nachricht Lüneburg, 09. Februar 2018

Notfallseelsorge im Sprengel Lüneburg verzeichnet steigende Einsatzzahlen

Die Notfallseelsorge im Sprengel Lüneburg verzeichnet für das Jahr 2017 rund 350 Einsätze. Das bedeute gegenüber dem Vorjahr eine deutliche Steigerung, erklärten die Sprengel-Beauftragten Bernd Paul (Küsten) und Karsten Willemer (Celle) anlässlich eines Treffens in der Landessuperintendentur mit den Ansprechpartnern für die Notfallseelsorge in den Kirchenkreisen.

Ein Großteil der Notfallseelsorge-Einsätze entfällt auf die Begleitung der Polizei beim Überbringen von Todesnachrichten. Während die Vermittlung der reinen Fakten der Polizei vorbehalten ist, stehen Notfallseelsorger den Betroffenen anschließend vor allem emotional zur Seite. Seit einer Fortbildungsveranstaltung im Landkreis Lüchow-Dannenberg hätten Polizeibeamte weniger Hemmungen, in solchen Fällen Geistliche hinzuzuziehen, berichtete Bernd Paul aus dem Wendland.

Insbesondere Einsätze im Zusammenhang von Suizid hätten zugenommen, teilten die Notfallseelsorger eine gemeinsame Erfahrung. Weiterhin seien Pastoren und Diakone gebeten worden, Angehörige zu betreuen, etwa nach Verkehrsunfällen oder erfolglosen Reanimationsversuchen. Auch im Brandfall seien Seelsorger gefragt: „Wenn ein Haus brennt und Menschen mit ihrer Wohnung Hab und Gut verlieren, müssen wir da sein“, beschrieb Willemer eine Christenpflicht. Nicht zuletzt hätten Einsatzkräfte der Feuerwehr nach belastenden Einsätzen den Beistand der Kirche in Anspruch genommen. Im Wendland sei zu dem Zweck gemeinsam mit erfahrenen Feuerwehrleuten ein Einsatz-Nachsorgeteam gebildet worden.

„Notfallseelsorge ist Erste Hilfe für die Seele“, erklärte Henry Schwier. Dies bedeute, mit den Betroffenen erste Schritte der Verarbeitung von Trauer und Schmerz zu gehen. Für den Leiter der Notfallseelsorge im Kirchenkreis Lüneburg besteht die Aufgabe darin, „da zu sein, wo die Not am größten ist“. Dieser Dienst entspreche dem kirchlichen Berufsethos. Er gelte grundsätzlich allen Menschen, unabhängig von ihrer Konfession.

„Die Seelsorge in Notfällen gehört zu den grundsätzlichen Aufgaben des gemeindlichen Dienstes“, unterstrich Landessuperintendent Dieter Rathing mit Blick auf die landeskirchliche Ordnung für die Notfallseelsorge. Demgemäß wird die Aufgabe von Pastoren und Diakonen als Teil ihres regulären Dienstes in Gemeinden oder kirchlichen Einrichtungen wahrgenommen.

Über ein sogenanntes Notfall-Handy ist der diensthabende Notfallseelsorger, je nach Kirchenkreis, zwischen zwei und sechs Wochen im Jahr rund um die Uhr erreichbar. Nach einem Anruf der Einsatzleitstelle versucht er in der Regel zunächst, den vor Ort zuständigen Gemeindepastor zu informieren. Gelingt ihm dies nicht, macht er sich selbst auf den Weg zur Einsatzstelle.

Nach der Novellierung des Katastrophenschutzgesetzes im September 2017, stehe für die Landkreise und auch die Kirchenkreise jetzt die Umsetzung an, nannte Karsten Willemer ein aktuelles Thema. Dabei gehe es um Großschadenslagen bzw. den sogenannten „Massenanfall von Verletzten“. Dies sei eine Lage, die nicht mit den sofort vorhandenen und einsetzbaren Ressourcen bewältigt werden kann. Notfallseelsorger müssten die Konzepte samt handelnden Personen im jeweiligen Landkreis kennen.

Innerkirchlich gehe es um Fragen wie diese: Besteht ein Katastrophenschutz-Team? Welche Logistik können wir im Kirchenkreis vorhalten, etwa im Blick auf Gebäude, Fahrzeuge oder Personen? Lassen sich vorsorglich Alarmierungsgruppen organisieren? Das Thema soll im Herbst gemeinsam mit den Superintendenten der Kirchenkreise vertieft werden. 

Hartmut Merten