Rathing gibt christliche Impulse zur Trauerkultur
Gifhorn/Lüneburg. Gegen die Tendenz zu Beerdigungen „in aller Stille“ hat sich Landessuperintendent Dieter Rathing für die öffentliche Wahrnehmung von Sterbefällen und allgemein zugängliche Trauergottesdienste ausgesprochen. Bei einem Vortrag in der St. Nicolai-Kirche Gifhorn am Mittwoch, 8. Februar 2012, lobte der Lüneburger Regionalbischof in dem Zusammenhang Begräbnisvereine, die es als ihre Aufgabe betrachteten, verstorbene Menschen als Teil der Gesellschaft wahrzunehmen.
Das christliche Verständnis der Menschenwürde gebiete es, der Anonymität zu wehren. Was bei Taufgottesdiensten gang und gäbe ist, erscheint Rathing auch im Blick auf den Trauerfall denkbar, nämlich mehrere Trauerfeiern zusammenzulegen. „Christliche Impulse von Patientenvorsorge bis Trauerkultur“ hieß der Titel seines Referats, das biblische Motto: „Ob wir leben oder sterben, wir gehören zum Herrn.“
Der würdevolle Umgang mit Verstorbenen sei seit jeher ein Kennzeichen des Christentums, auch wenn sich die Bestattungskultur im Lauf der Geschichte immer wieder verändert hat, sagte Rathing. Während etwa bis zur Reformationszeit eine enge Verbindung von Kirche und Grab bestanden habe, seien neue Friedhöfe in der Folgezeit eher außerhalb der Städte gegründet worden. Heute sei der umgekehrte Trend zu beobachten: „Es gibt schon ein Zurück aus den Friedhofskapellen in die Kirchen“, sagte Rathing, der auch ein „Zurück des Friedhofs an die Kirche“ für denkbar hält. Gerade kleinere Kirchen und Kapellen böten in ihrem Umfeld viel Freiraum. So ließe sich dem Ort der Trauer und der Trauerfeier selbst wieder mehr christliches Profil geben, beschrieb Rathing ein Ziel seiner Überlegungen.
Dazu gehört auch eine neue und zugleich uralte Form der Bestattung in so genannten Kolumbarien. Kirchengebäude, die aus finanziellen Gründen zur Disposition stehen, könnten als Aufbewahrungsort von Urnen einen Beitrag zur Bestattungskultur leisten. Auch eine Doppelnutzung kann sich der Landessuperintendent vorstellen: „Im Kirchenhaus sind Lebende und Tote unter einem Dach vereint.“
Die Erinnerung an den Namen des Verstorbenen gehört für Rathing ebenso zur christlichen Bestattungskultur wie die Beisetzung an einem öffentlich zugänglichen Ort. Gegen die verbreitete Auffassung „Ich gehöre mir“ sei einzuwenden: „Jeder gehört auch zu anderen“, zu seiner Familie, zu Nachbarn und Kollegen, zu christlichen Brüdern und Schwestern. „Wie wir als Christen an Verstorbenen und Hinterbliebenen handeln, wie wir Friedhöfe und Grabstätten unterhalten, das wirkt in die Gesellschaft hinein“, mahnte Rathing.