Kunst öffnet dem Glauben neue Dimensionen

Nachricht Lüneburg, 26. September 2017

Regionalbischof zieht nach Sprengelbereisung Bilanz

„Künstlerische Gestaltung kann ein Mittel zur kulturellen Integration von geflüchteten Menschen sein.“ So lautet ein Resümee von Landessuperintendent Dieter Rathing nach einer insgesamt siebentägigen Sprengelbereisung zum Thema Kunst und Kultur.

Wie die künstlerische Arbeit mit Flüchtlingen aussieht, konnte der Regionalbischof für den Sprengel Lüneburg der hannoverschen Landeskirche unter anderem in Hitzacker erfahren. Als ein Teil des historischen Bahnhofsgebäudes 2014 zum Verkauf stand, entschlossen sich engagierte Bürger, den „Kulturbahnhof Hitzacker e.V.“ zu gründen und das Gebäude mit neuem Leben zu füllen. Das Ergebnis: Ein großer Bahnhof für Kunst, Kultur, Bildung, Begegnung und Austausch.

Insgesamt zwölf Termine hatte sich Rathing vorgenommen. Sein Anliegen: den eigenen Horizont für Orte der Kunst und Kulturarbeit erweitern, Begegnungsräume von Kirche und Kunst kennenlernen sowie „Menschen wahrnehmen und wertschätzen, die der kulturellen Arbeit auch jenseits der großen Städte ein Gesicht geben“.

Ein weiteres Anschauungsbeispiel lieferte das Künstlerhaus Meinersen (Landkreis Gifhorn): Unter anderem gewährt der Verein jungen, professionellen Künstlern  Stipendien, stellt ihnen für jeweils ein Jahr Ateliers und Wohnungen zur Verfügung. Der landeskirchliche Beauftragte für Kunst und Kultur, Matthias Surall (Hannover), der Rathing auf seiner Reise begleitete, würdigte das Projekt als vorbildlich: „Die klar konturierte und mit einem deutlichen Anforderungsprofil versehene Ausgestaltung der Künstlerstipendien sind ein schönes, nachahmenswertes Beispiel.“

Die Bandbreite der Besuche reichte bis zum „Raum 2“ in Dannenberg: Der dortige Kulturverein hat eine Fabrikbrache mit düsterer NS-Vergangenheit zum Anlaufpunkt vorwiegend junger Musik-Liebhaber gemacht, bietet zudem Bilder-Ausstellungen und Lesungen an. „Wir stehen hier für Subkultur, underground“, stellte sich der Vorsitzende Daniel Eppert dem Landessuperintendenten vor.

In der Friedenskirche in Küsten (Wendland) konnten Rathing und Surall moderne Kirchenkunst erleben. „Mutig und spektakulär“, empfand Surall die von Jürgen Goertz geschaffenen Ausstattungsgegenstände Altar, Taufbecken und Kanzel in der 1865 erbauten Dorfkirche. „Wer erwartet sowas im ländlichen Umfeld“, staunte Surall.

Dass sich die Kirchengemeinde St. Johannis Buchholz/Nordheide unter anderem durch ihre vielseitige kulturelle Arbeit profiliert, ist längst über die Grenzen des Kirchenkreises hinaus bekannt. Rathing erlebte ein Kirchenkonzert der „Prinzen“ mit. In einer späteren Gesprächsrunde  erläuterten Mitarbeitende die konzeptionelle Entwicklung von der Veranstaltungs- zur „Kulturkirche“.

Über Jahrhunderte hinweg standen Kunst und Kirche in einer fruchtbaren Beziehung, erinnert Dieter Rathing an die Geschichte. „Ganz selbstverständlich hat die Kirche über die Kunst ihre Botschaft ausgerichtet, und die Kunst hat dem Glauben neue Dimensionen eröffnet.“ Gemeinsam stünden beide heute vor der Schwierigkeit, sich auszudrücken und verstanden zu werden.

So würden aus der sogenannten Hochkultur heraus viele Anstrengungen zur Vermittlung und zum Verstehen von Kunst unternommen, sagte Rathing etwa im Blick auf die Arbeit des Kunstmuseums Wolfsburg und der Kunststätte Bossard (Jesteburg). Davon könne die Kirche lernen.

„Kirchengemeinden können sich als Orte der Darstellung von Kunst und Kultur entdecken“, gibt der Regionalbischof eine Anregung zu inspirierenden Dialogen. Dass fehlendes Geld kein Hinderungsgrund sein muss, hat Rathing sowohl bei kirchlichen wie außerkirchlichen Initiativen erlebt: „Viel wertvolle Kulturarbeit wird mit geringen finanziellen Mitteln geleistet“. Das gilt auch für das „Café nebenan“ der evangelischen Kirchengemeinde in Winsen/Aller: Seit zwölf Jahren gewährleisten Ehrenamtliche neben dem Café-Betrieb unter anderem monatliche Filmabende sowie kulturelle Angebote von Kabarett bis Klezmer-Musik.

Für Matthias Surall haben Kunst und Kultur eine unterhaltende, Reflexionen über existentielle Themen anregende und Kommunikationen darüber zwischen unterschiedlichen Menschen, Milieus und Berufsgruppen stimulierende Funktion. „Darauf kann eine auf Bildung erpichte Zivilgesellschaft und Kirche nicht verzichten.“ 

Hartmut Merten

Kunstförderung

Der „Fonds Kulturarbeit in Kirchen – Kulturkirchen“ unter dem Dach der Hanns-Lilje-Stiftung fördert die Begegnung von zeitgenössischer Kunst und Kultur mit Kirche und Theologie. Er dient im Bereich der Landeskirche Hannovers dem Aufbau sogenannter „signifikanter Kulturkirchen“ sowie dem Ausbau der Kulturarbeit in Kirchen.

„Kultur kann Kirche nicht ersetzen, aber Kirche kommt nicht ohne Kultur aus“, heißt es auf Internetseite kunstinfo.net. Kirche und Theologie profitierten für ihren eigenen Auftrag davon, wie insbesondere zeitgenössische Kunst und Kultur Wirklichkeit deuten.

Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers fördert die Kulturarbeit ausgewählter Kirchen bis 2021 mit insgesamt 1,2 Millionen Euro. Weitere Infos beim Kunst- und Kulturbeauftragten der Landeskirche, Pastor Dr. Matthias Surall, Tel.: 0511 1241-431, Mail: surall@kirchliche-dienste.de sowie auf der Internetseite www.kultur-kirche.de.