Landessuperintendent Rathing warnt vor Fundamentalismus
In seinem traditionellen Weihnachtsbrief hat Landessuperintendent Dieter Rathing davor gewarnt, das Christfest als heile Welt zu betrachten. Der evangelische Regionalbischof zitiert ein Bild des florentischen Malers Sandro Botticelli, das in der Krippenszene kleine teuflische Wesen zeigt. Dämonische Wesen als Krippenfiguren erschienen vielen Menschen kaum vorstellbar. „Aber das ist die Realität“, beklagt Rathing. „Am Feuer der frohen Botschaft wärmen sich auch Fundamentalisten.“
Fundamentalisten inszenierten die Welt als heimatliche Idylle, so Rathing in seinem Brief an rund 600 kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den elf Kirchenkreisen des Sprengels, darunter die Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone. Dabei sei der Fundamentalismus nicht allein das Problem des Islam. „Er ist die dämonische Seite jeder Religion“, gibt Rathing zu bedenken. Dabei werde die menschliche Sehnsucht nach Geborgenheit genutzt.
In einer unübersichtlich gewordenen Welt mache der Fundamentalismus die Welt zu einem System, wo Gut und Böse scharf geschieden sind. Je größer die Ratlosigkeit, umso lieber folgten Menschen denen, „die so tun, als hätten sie den göttlichen Bauplan für die Erlösung der Welt in der Hand“.
Dem gegenüber gehe es darum, in Fragen des Glaubens eine Vielstimmigkeit zum Ausdruck zu bringen. Sie entspreche christlicher Wahrheit, der nicht das Gewand dogmatischer Rechtgläubigkeit angemessen sei, sondern die im Dialog gewonnene persönliche Überzeugung, erklärt der Theologe.
Um im Zusammenhang des 500-jährigen Reformationsjubiläums 2017 konfessionellem Fundamentalismus zu begegnen, sei die ökumenische Perspektive hilfreich. So werde es im Frühjahr vielerorts Gottesdienste unter dem Motto „Healing of memories“ geben, kündigt Rathing an. Damit werde deutlich: „Die Zeit der gegenseitigen Lehrverurteilungen ist vorbei.“ Christen unterschiedlicher Konfessionen feierten die Gegenwart Gottes in versöhnter Gemeinschaft.
„Über die vielen kleinen heilen Welten unserer Krippen hinweg werden wir auch in diesem Jahr wieder die Verheißung vom Friede auf Erden verkündigen“, erinnert Rathing an das Zentrum der Weihnachtsbotschaft. „Wir tun das im Wissen und im Schrecken über viel böser Welt.“ In Gebeten gehe es auch darum, sich für die leidenden Menschen zu öffnen, mahnt Rathing. „Mit unseren Kollekten werden wir uns einer besseren Zukunft für sie verpflichten.“
Hartmut Merten