Nach 38 Jahren im kirchlichen Dienst wurde Propst a.D. Wolf von Nordheim in den Ruhestand verabschiedet. Den Gottesdienst in der Lüneburger St. Johanniskirch gestaltete Superintendentin Christine Schmid.
Wolf von Nordheim wurde 1951 in Detmold geboren. Nach seiner Schul- und Berufsausbildung wurde der Theologe 1978 zum Pastor ordiniert und übernahm seine erste Pfarrstelle in einer aus fünf Dörfern bestehenden Kirchengemeinde in Süd-Niedersachsen. Die Kirche auf dem Lande wurde ein Arbeitsschwerpunkt des Geistlichen – und ist es bis heute.
1990 wurde von Nordheim agrarsozialer Beauftragter der hannoverschen Landeskirche und stand damit Pate für den heutigen “Kirchlichen Dienst auf dem Lande“. Als Theologe brachte von Nordheim kirchliche Positionen in agrarpolitische Debatten ein. So war er in den 1990er Jahren u.a. kirchlicher Partner in der Initiative „Gentechnikfrei aus Niedersachsen“ und initiierte die Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft „Fair gehandelte Kartoffeln“.
Wolf von Nordheim engagierte sich über die Landeskirche hinaus auf der Ebene der EKD, war etwa Moderator des „Runden Tisches Ländlicher Raum“ in Bonn und ständiger Gesprächspartner des Deutschen Bauernverbandes mit einem besonderen Interesse an den Fragen der Landjugend. Hinzu kamen Kontakte zu Initiativen wie der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, zudem begleitete Wolf von Nordheim die Anfänge des niedersächsischen Biogas-Anlagenbaus.
Im Jahr 2000 wurde Wolf von Nordheim Propst des Kirchenkreises Uelzen. Auch wegen der Nähe zu Gorleben brachte er sich in die Anti-AKW-Arbeit ein. 2009 erhielt er den Auftrag, ein EKD-Konzept für die „Kirche in der Fläche“ zu erstellen. 2010 bis 2013 untersuchte er für das Sozialwissenschaftliche Institut in der Uckermark „Potentiale von evangelischen Kirchengemeinden zur Bewältigung von Armutsgefährdung“.
Über sein Superintendentenamt hinaus übernahm Wolf von Nordheim weitere kirchenleitende Aufgaben: So gehörte er der hannoverschen Landessynode seit 1983 mehr als 25 Jahre lang an, war zuletzt Vorsitzender des Landessynodalausschusses. Zudem war er Vizepräsident der Konföderations-Synode, theologischer Präsident der Generalsynode der VELKD und Vorsitzender des Rechtsausschusses der EKD-Synode.
Nach einer Zeit als Pastor im Kirchenkreis Nienburg kam von Nordheim schließlich nach Lüneburg. Hier arbeitete er unter anderem in einer Notunterkunft für Flüchtlinge. „Ist es nicht ein großes Glück, dass Menschen – 25 Jahre nach dem Geschenk der Wiedervereinigung – zu uns fliehen“, fragte Wolf von Nordheim kürzlich in einer Zeitungsandacht. Für ihn ist es „ein Segen, der Welt ein Deutschland mit einem menschlichen Gesicht zeigen zu dürfen“.
Angesichts des gewalttätigen Missbrauchs von Religion erinnerte Wolf von Nordheim jüngst an ein altes jüdisch-christliches Rezept: „Man nehme zu gleichen Teilen absolute Gottesliebe und Feindesliebe als konzentrierte Nächstenliebe. Dieses Kombi-Medikament sei wirksam, bekannt, frei verfügbar in beliebiger Menge und dazu kostenlos, nur: „Warum wird dieses Medikament zu wenig angewendet?“
Es sieht so aus, dass Wolf von Nordheim auch im Ruhestand seine christlich-profilierte Stimme erheben wird. Hoffentlich.
Hartmut Merten