Rathing schreibt Weihnachtsbrief an mehr als 600 Mitarbeitende
„Drei klare Kriterien zum Erkennen der Christen“ hat Landessuperintendent Dieter Rathing in seinem Weihnachtsbrief für den Sprengel Lüneburg in Erinnerung gerufen. Den mehr als 600 Mitarbeitenden im Verkündigungsdienst sowie den Vorsitzenden der elf Kirchenkreistage und Synodalen im nordöstlichen Niedersachsen verriet Rathing zugleich einen Vorsatz für das neue Jahr: „Wo immer ich hinkomme, will ich fragen: Wie geht Ihr mit den Flüchtlingen in Eurer Nähe um? Wie sehen bei Euch Trauer- und Bestattungskultur aus? Wo kümmert Ihr Euch um Arme?“Der römische Kaiser Julian, ein Verächter des christlichen Glaubens, habe im 4. Jahrhundert den Erfolg des Christentums mit solchem fürsorglichen Einsatz seiner Anhänger erklärt. Auch heute könnten Christen für derartiges diakonisches Handeln Achtung und Respekt gewinnen, meinte der Regionalbischof. Mancherorts sei „das Kümmern um Flüchtlinge“ längst zu einem Erkennungszeichen von christlichen Gemeinden geworden. Sie sorgten mit für eine angemessene Ausstattung der Unterkünfte, die Erteilung von Sprachunterricht und gegebenenfalls die Gewährung von Kirchenasyl.
Der „Begegnungswille“ sei heute größer als in den 1990er Jahren. „Blicken wir aber darauf, dass meistens die ärmsten Länder für die Flüchtlinge aus ihrer Nachbarschaft aufkommen, dann müssen wir wohl demütiger werden“, mahnte Rathing. So seien Pakistan, Äthiopien und Kenia im Verhältnis zu ihrer Wirtschaftskraft die größten Aufnahmeländer.
Kritik äußerte der Regionalbischof im Anschluss an seine letzte Sprengelbereisung erneut an der Praxis von so genannten Sozialbestattungen. Es gebe Kommunen, die aufmerksamer für den eigenen Finanz-Haushalt seien als für die Angehörigen von Verstorbenen und den Respekt gegenüber Toten. Doch Rathing nahm auch die Kirchengemeinden in die Pflicht und gab eine Anregung weiter: „Können wir auf unseren Friedhöfen über die Diakoniekassen preiswerte heimatnahe Bestattungsplätze anbieten und damit einen Urnentourismus verhindern?“
In seinem Brief warb der Regionalbischof unter den Pastoren, Diakonen und Prädikanten um Sympathie für die weihnachtliche Gottesdienstgemeinde. Auch wenn der Glaube vieler Besucher „dürftig“ sein möge, sei er wertvoll. Die Chance der Predigt liege in der „Differenzerfahrung zum Alltäglichen“. Als Beispiele nannte der Landessuperintendent „Gewaltlosigkeit, Vergebung und das Sich-halten zu den Geringen“. Rathing zeigte sich skeptisch gegenüber immer mehr neuen Formen und Formaten kirchlicher Arbeit. Christen würden zunehmend gerade „an den so wunderbar differenten Inhalten unseres Glaubens“ erkannt.
Hartmut Merten