Rathing eröffnet Predigtreihe zu „Reformation und Politik“
Lüneburg. Landessuperintendent Dieter Rathing setzt sich angesichts des weltweiten Flüchtlingselends für „Zugangswege in unser Land neben dem Asyl“ ein. Zudem sollten die Asylverfahren beschleunigt und Arbeitsverbote für Flüchtlinge gelockert werden. Mit seiner Kanzelrede in der St. Johanniskirche eröffnete der Regionalbischof für den Sprengel Lüneburg am Sonntag eine Predigtreihe des Bischofsrates zum EKD-Themenjahr „Reformation und Politik“.
Die Bibel sei voller Geschichten von Menschen, die ihre Heimat verlassen und in die Fremde gehen, sagte Rathing. Dabei seien die Gründe damals wie heute dieselben: Auswandern, Hunger, Flucht vor Verfolgung. Die Bibel unterscheide nicht zwischen guten und schlechten Fremden. Sie sollten auch nicht nur aus Mitleid aufgenommen werden „oder weil man reich genug ist, um zu teilen, oder weil man von den Fremden profitieren könnte“. Die Bibel begründe solches humanitäre Handeln vielmehr mit einer Erinnerung: „Denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland.“
Viele Menschen der älteren Generation hätten noch erlebt, wie ganz Europa ein Kontinent von Flüchtlingen und Vertriebenen war. Solches Bewusstsein könne Menschen für die Not der Flüchtlinge von innen heraus öffnen. „Es ist das Gesicht eines Menschen, der wir sein könnten“, gab Rathing unter anderem mit Blick auf die Bilder von kletternden Menschen an Stacheldrahtzäunen in Nordafrika zu bedenken.
Der Regionalbischof dankte in seiner Predigt „dem viel gescholtenen Fernsehen, Journalisten und Bildreportern“. Sie machten die Geschichten von Flüchtlingen publik. So gingen heute viele Menschen nachdenklicher, aufgeschlossener und hilfsbereiter auf Asylbewerber zu als noch vor 20 Jahren, sagte Rathing und lobte in dem Zusammenhang auch das Engagement der Willkommensinitiative Lüneburg.
Im Jesus-Gleichnis vom bittenden Freund (Lukas 11,5-13) fand der Theologe zudem eine Ermutigung zum hartnäckigen und nachhaltigen Gebet „auch von denen, die stellvertretend ihre Stimme den Flüchtlingen leihen“. Gewiss könne Deutschland nicht die Armuts- und Demokratieprobleme der Welt lösen. Gleichwohl stimme die von Joachim Gauck wiederholt gestellte Frage demütig: „Tun wir wirklich alles, was wir tun könnten?“
Der von Helmut Schmidt geprägte Satz, wonach man mit der Bergpredigt nicht die Welt regieren könne, sei richtig. „Aber man kann mit der Bergpredigt die Herzen der Menschen erreichen, und so erreichte Herzen regieren die Welt anders“, zeigte sich Rathing überzeugt. Schließlich ermutigte der Landessuperintendent auch die Zuhörer in St. Johannis: „Euer Herz ist so groß, dass es keine Scheu haben muss vor allem, was fremd ist.“ (mer)
Anliegen der Reihe und nächste Termine
„Angesichts der aktuellen weltweiten Ereignisse steht das Verhältnis von Religion und Politik wieder ganz oben auf der Tagesordnung. In unseren Predigten erinnern wir an die Auseinandersetzungen der Reformationszeit um Staatsmacht und Gottesherrschaft, Obrigkeit und Mündigkeit, Gehorsam und Gewissensfreiheit. Und wir fragen, ob und wie die Antworten der Reformatoren im Blick auf die aktuellen Herausforderungen hilfreich sind“, sagt Rathing. Zum Bischofsrat der hannoverschen Landeskirche unter Vorsitz von Landesbischof Ralf Meister gehören die Landessuperintendenten der insgesamt sechs Sprengel. Die nächsten Termine der Predigtreihe zu „Reformation und Politik“:
- Landessuperintendent Eckhard Gorka, Sprengel Hildesheim-Göttingen, am Sonntag, 26. Oktober, 10 Uhr, St. Michaelis in Hildesheim: "Religionen achten"
- Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr, Sprengel Ostfriesland-Ems, am Freitag, 31. Oktober (Reformationstag), 11 Uhr, Martin-Luther-Kirche in Emden: "Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen - Grenzen öffnen"
- Landessuperintendent Dr. Hans Christian Brandy, Sprengel Stade, am Sonntag, 16. November (Volkstrauertag), 11 Uhr, St. Wilhadi in Stade: „Frieden schaffen“
- Landessuperintendentin Dr. Ingrid Spieckermann, Sprengel Hannover, am Mittwoch, 19. November (Buß- und Bettag), 9 Uhr, Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis in Hannover: Dialogpredigt "Alles was Recht ist" - Kirche und Staat in Partnerschaft" mit Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz
- Die Landessuperintendentur im Sprengel Osnabrück ist derzeit vakant.