Sonderausstellung „Bilder -Das Salz der Bibeln“: Eine Reise in die Vergangenheit des Bibeldrucks

Lüneburg ist bekannt für sein Salz – doch vor 400 Jahren gab es einen weiteren Exportschlager: Bibeln aus der Stern’schen Druckerei.

Diese gedruckten Meisterwerke fanden ihren Weg durch ganz Europa, oft reich bebildert und in Fässern verpackt, um den Transport zu erleichtern. Das Museum Lüneburg widmet diesem historischen Kapitel der Stadt seit Herbst 2024 eine beeindruckende Sonderausstellung: „Bilder! Das Salz der Bibeln“.

Nun besuchte auch Regionalbischöfin Marianne Gorka gemeinsam mit Dr. Roman Vielhauer, Studienleiter der Hannoverschen Bibelgesellschaft, die Ausstellung und tauchte in die Welt des Bibeldrucks ein. „Ich finde es bemerkenswert, zu sehen, wie sich eine Druckerei immer wieder neu erfinden musste“, sagte Gorka. „Vom Bibeldruck hin zum Zeitungsdruck – diese Geschichte zeigt eindrucksvoll, wie wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen Unternehmen prägen.“

„Die Bibeln wurden in Fässern transportiert, weil Kisten zu schwer gewesen wären. Zudem waren Fässer robuster und ließen sich leichter rollen.“

Dr. Ulfert Tschirner, Kurator der Ausstellung

Die Stern’sche Druckerei: Von Lüneburg in die Welt

Die Brüder Johann und Heinrich Stern gründeten ihre Druckerei im Jahr 1624 – mitten im Dreißigjährigen Krieg. Während Salz aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen kaum noch die Stadtgrenzen verließ, wurden Bibeln zu einem gefragten Handelsgut. „Die Bibeln wurden in Fässern transportiert, weil Kisten zu schwer gewesen wären. Zudem waren Fässer robuster und ließen sich leichter rollen“, erklärte Kurator Dr. Ulfert Tschirner den Gästen der Landeskirche Hannovers.

Die Stern’sche Druckerei setzte früh auf eine bahnbrechende Strategie: Bilder. Während viele Bibeln der damaligen Zeit lediglich mit Text versehen waren, erkannte die Druckerei das Potenzial von Illustrationen. Bereits 168 Holzschnitte wurden in den ersten Jahren angefertigt – die Grundlage für einen wirtschaftlichen Erfolg, der sich über Jahrhunderte fortsetzen sollte.

Bilder als „Kino der frühen Neuzeit“

Die Ausstellung zeigt, welche Bedeutung Bilder für den Bibeldruck hatten. Sie halfen, biblische Geschichten lebendig werden zu lassen – lange bevor es bewegte Bilder gab. „Die Bilder waren das große Kino der frühen Neuzeit“, erklärte Tschirner. „Sie regten das Kopfkino der Betrachter an – vergleichbar mit einem aufwendigen Hollywood-Film heute.“ Um das zu verdeutlichen, bietet die Ausstellung auch interaktive Elemente: Besucher können an Medienstationen durch ein digitales Buch blättern (ein echtes Novum, das die Zeit Stiftung Bucerius mitfinanziert hat) oder mit sprechenden Bilderrahmen historische Illustrationen auf eine neue Art erleben.

Lebendige Kupferstiche

„Mein Highlight ist das interaktive Buch, wo man die Geschichte erzählt bekommt und auch gleichzeitig, wie im Comic, die Geschichte im Bild nochmal sieht. Die Bibeltexte bekommen durch die Illustrationen eine ganz neue Dimension. Ich kann mir vorstellen, dass das damals noch viel intensiver war, weil es ansonsten nur sehr wenige Bilder im Alltag gab.““, sagt Dr. Roman Vielhauer. Marianne Gorka ergänzt: „Für mich ist es faszinierend, wie lebendig die Kupferstiche bereits gestaltet sind – von der Zeichnung bis zum Druck. Schon in den ursprünglichen Bildern lassen sich Bewegungen und sogar Geräusche erahnen, die heute digital dargestellt werden können.“

Für eine besonders prachtvolle Bibel aus dem Jahr 1672 wurden neun Jahre lang Kupferstiche angefertigt. Die Bilder stammen von dem Hamburger Barockkünstler Matthias Scheits und waren so detailliert, dass sie beim Druck oft nur 500 Mal verwendet werden konnten, bevor die Qualität nachließ.

Einblick in die Druckkunst

Ein Höhepunkt der Ausstellung ist die rekonstruierte Druckerpresse, an der Besucher:innen selbst erleben können, wie die Bibeln damals gedruckt wurden. „Man kann hier hautnah nachempfinden, wie viel Handarbeit und Präzision hinter jedem einzelnen Druck steckte“, sagte Marianne Gorka. Besonders beeindruckt zeigte sie sich davon, dass die von Stern’sche Druckerei bis heute existiert und mittlerweile die Lüneburger „Landeszeitung“ druckt.

Das Erbe der Stern’schen Druckerei

Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden in Lüneburg Bibeln gedruckt – mehr als 150 Auflagen mit insgesamt über 500.000 Exemplaren fanden ihren Weg in protestantische Haushalte. Auch heute noch erinnern zahlreiche Relikte an diese Zeit: 40 historische Bibelausgaben sind in der Ausstellung zu sehen, von kleinen Reisebibeln bis hin zu prachtvollen, acht Kilogramm schweren Ausgaben mit Goldschnitt.

Die Geschichte der Stern’schen Druckerei zeigt, wie sich Unternehmen an veränderte Rahmenbedingungen anpassen müssen. „Wir erleben hier ein enormes Stück Familien- und Firmengeschichte“, resümierte Gorka. „Diese Ausstellung macht sichtbar, wie Innovation und Tradition über Jahrhunderte hinweg zusammenwirken.“

Außergewöhnliche Förderung und Unterstützung

Die Bedeutung des Lüneburger Bibeldrucks, die aus dem 17. Jahrhundert erhaltenen einzigartigen Erzeugnisse aus der Stern’schen Offizin und das Konzept der Ausstellung, die auf Nachhaltigkeit setzt und anschließend in die Dauerausstellung des Museums transferiert wird, haben eine für das Museum Lüneburg als mittleres Regionalmuseum eher außergewöhnliche Förderkulisse zutage gefördert. Zunächst ist das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur, zu nennen.

Dann sind es aber auch große überregionale Stiftungen, die die Ausstellung wesentlich fördern., so auch die Kulturstiftung der Länder. Die ZEIT Stiftung Bucerius fördert das „Lebendige Buch“, ein interaktives Element der Ausstellung, das den Besuchern das Blättern in der Bibel sowie das Eintauchen in die Bilder und Bildgeschichten ermöglicht. 

Ein weiteres Highlight in der Ausstellung, die Erlebnisdruckerei mit dem Nachbau einer Spindelpresse aus dem 17. Jahrhundert fördert die Friede Springer Stiftung zusammen mit der Landschaft des vormaligen Fürstentums Lüneburg. Auch die Stiftung des Museumsvereins für das Fürstentum Lüneburg und etliche Lüneburger Firmen und Privatpersonen waren als Förderer beteiligt. 

Familie von Stern in Lüneburg

Last but not least war es die Familie von Stern, insbesondere Christian von Stern, die die Ausstellungsvorbereitungen wohlwollend begleitet, Leihgaben zur Verfügung gestellt und sich über die Familienstiftung v. Stern auch finanziell beteiligt haben. In der Ausstellung sind wertvolle Porträts der Familienmitglieder aus dem 17. bis 19. Jahrhundert zu sehen – darunter auch ein berührend schönes Kinderporträt, das einen jungen Knaben in höfischer Kleidung zeigt. 

Jüngere Besucherinnen und Besucher können in der Ausstellung das nachgeschneiderte Kostüm anprobieren und sich für ein Selfie in einem goldenen Bilderrahmen aufstellen.

Besuch der Ausstellung

Ort: Museum Lüneburg, Willy-Brandt-Straße 1, 21335 Lüneburg
Zeitraum: 29. September 2024 – 30. März 2025

Öffnungszeiten:
Dienstag, Mittwoch, Freitag: 11 – 18 Uhr
Donnerstag: 11 – 20 Uhr
Samstag, Sonntag, Feiertage: 10 – 18 Uhr
Eintritt: 8 Euro (Erwachsene), 4 Euro (Ermäßigt), Kinder unter 10 Jahren frei

Besonderheiten: Interaktive Medienstationen, Druckerpresse zum Ausprobieren, digitale Bibelillustrationen
Weitere Informationen zur Ausstellung unter: www.museumlueneburg.de

Fazit: Die Ausstellung „Bilder! Das Salz der Bibeln“ zeigt auf unterhaltsame Weise, wie Lüneburg einst zu einem Zentrum des Bibeldrucks wurde. Durch die Kombination aus historischen Exponaten, interaktiven Elementen und fundierten Einblicken in die Druckkunst bietet sie Besuchern eine spannende Zeitreise. Regionalbischöfin Marianne Gorka fasste es treffend zusammen: „Hier kann man Bibelgeschichte nicht nur sehen, sondern erleben.“

Webseite des Museums

Eindrücke von der Ausstellung

Die Ausstellung „Bilder das Salz der Bibeln“ im Museum Lüneburg beeindruckt mit einer einzigartigen Mischung aus Familiengeschichte, Handwerkskunst und interaktiven Erlebnissen. Regionalbischöfin Marianne Gorka und Dr. Roman Vielhauer, der Hannoverschen Bibelgesellschaft e. V., empfehlen den Besuch wärmstens. 

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