Rathing würdigt Arbeit des Anne-Frank-Hauses in Oldau
Aus Anlass des 70. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen hat Landessuperintendent Dieter Rathing das Anne-Frank-Haus in Oldau gewürdigt. „Ich bin sehr dankbar für die Erinnerungsarbeit, die hier geleistet wird“, sagte der Regionalbischof bei einem Besuch der Jugendbildungseinrichtung des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM). Diese Arbeit müsse fortgesetzt werden, meinte Rathing mit Blick auf die bis 2017 befristete Stelle der pädagogischen Leitung. „Zumal die letzten Zeitzeugen bald nicht mehr da sind“. "
Aus der Geschichte lernen - Verantwortung für die Zukunft“ – so lautet das Motto der Bildungseinrichtung im Landkreis Celle, etwa zwölf Kilometer von der Gedenkstätte Bergen-Belsen entfernt. Zum Programm gehören Projektwochen für Schulklassen ebenso wie Fachtagungen für Erwachsene, etwa zur Gedenkstättenpädagogik. „Auf den Spuren von Anne Frank“ werden Besucher in der Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes pädagogisch begleitet.
„Die Jugendlichen haben immer weniger Vorkenntnisse“, hat die CVJM-Jugendbildungsreferentin Sarah Vogel dabei festgestellt. So fragten manche Schüler mit Blick auf die Opfer: „Warum haben die sich denn nicht gewehrt?“ Dass das Gesellschaftssystem in der Zeit des Nationalsozialismus ein anderes war als heute, sei vielen nicht bekannt. Eine Ursache sieht die Historikerin in der Gestaltung der schulischen Lehrpläne: Die Beschäftigung mit dem Thema sei heute erst in der 9. Klassenstufe vorgesehen.
„Internationale Jugendworkcamps“ mit jungen Menschen aus neun Nationen – unter anderem Israel, Polen, Russland und Litauen – bilden weitere Schwerpunkte der Bildungsstätte. „Seit Mitte der 1990er Jahre wird in Bergen-Belsen gebuddelt, wo etwas zu finden sein musste“, beschreibt Sarah Vogel den praktischen Teil des Konzepts. Für die Jugendlichen sei zudem der je nach Herkunft unterschiedliche Blickwinkel auf die Geschichte interessant. Schließlich rücke regelmäßig die Frage nach der Verantwortung des Einzelnen und die Bedeutung von Zivilcourage ins Zentrum.
„Jugendliche müssen den Ort gesehen haben“, betonte auch CVJM-Geschäftsführer Uwe Lege. Die Anschaulichkeit der schrecklichen Geschichte Bergen-Belsens sei im Vergleich zum Schulunterricht „eine ganz andere Nummer“. Deshalb wolle der CVJM diese Arbeit gern fortsetzen – auch in seiner internationalen Ausrichtung, zu der unter anderem die Partnerschaft zu einem Workcamp in Südafrika gehört.
Landessuperintendent Rathing, der kürzlich eine Sprengelbereisung zur Erinnerungskultur unternommen hat und einer landeskirchlichen Arbeitsgruppe „Frieden“ angehört, empfiehlt das Anne-Frank-Haus als Tagungsort für Konfirmandengruppen und Kirchenvorstände: „Wir sollten das Thema mit den Orten verknüpfen, die wir haben“.
Die CVJM-Freizeit- und Jugendbildungsstätte Oldau verfügt über insgesamt 80 Betten in drei Häusern sowie mehrere Gruppenräume in verschiedenen Größen.
Hartmut Merten