Hightech und Historie: Digitale Rettung für die St.-Nicolai-Kirche

Nachricht 26. Juli 2024

Um die Nicolaikirche in Lüneburg zu erhalten, sind renovierungsmaßnahmen notwendig. Eingesetzt wird eine Technik, die auch schon für die Restauration der Notre Dame in Paris erfolgreich war.

Die St.-Nicolai-Kirche, ein Meisterwerk der Backsteingotik und seit über 600 Jahren ein Wahrzeichen Lüneburgs, wurde kürzlich mit modernster Technik vermessen und fotografiert. Anlass für diese umfangreiche Maßnahme sind Risse im Gewölbe, deren Ursachen noch unklar sind. Die Vermessung ist ein wichtiger Schritt, um eine umfassende Sanierung vorzubereiten und das historische Bauwerk zu erhalten.

Ein Vermessungstechniker des Ingenieurbüros rmk aus Celle  positionierte einen Laserscanner mit Kamera im Mittelgang der Kirche. Der Scanner, ein unscheinbarer grauer Kasten auf einem gelben Metallstativ, erfasst mehr als 100 Millionen Punkte im Kirchenraum in nur zwei Minuten. Das gleiche Verfahren sei auch bei der Renovierung der Notre Dame in Paris 2010 eingesetzt worden. Die digitale Erfassung des Innenraums - auf den Zentimeter genau - soll helfen, die nötigen Sanierungsmaßnahmen zu planen.

Kosten und historische Herausforderungen

Die evangelische Gemeindepastorin Almuth Wiesenfeldt schätzt die Kosten für die Untersuchung der Schäden und erste Notsicherungsmaßnahmen auf einen sechsstelligen Betrag. Die eigentliche Sanierung des Gewölbes könnte Millionen kosten. „Das macht uns natürlich große Sorgen“, sagt sie. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass schon Mitte des 19. Jahrhunderts erhebliche Anstrengungen nötig waren, um die Kirche zu erhalten. Damals wurde sogar ein Bauverein gegründet und der preußische König Friedrich Wilhelm IV. appellierte an die Lüneburger, die Kirche nicht sinken zu lassen. Für über zehn Jahre konnten keine Gottesdienste in St. Nicolai stattfinden.

Zusätzlich zur digitalen Vermessung läuft seit letztem Jahr eine Langzeitmessung. Ausgewählte Risse wurden mit Sensoren versehen, die kontinuierlich Veränderungen erfassen. Diese Maßnahmen sind dringend nötig, da die Schäden bereits zu Einschränkungen im Kirchenraum geführt haben. „Einen Teil des Chorumgangs mussten wir sperren, nachdem sich ein Stein in der Decke gelockert hatte“, berichtet Pastorin Wiesenfeldt. An anderen Stellen lösen sich feine Putzteilchen im Gewölbe oder Sand rieselt aus den Fugen. Drei Bankreihen im Mittelschiff sind daher nicht nutzbar.

Zukunftspläne und weitere Untersuchungen

Um die weiteren Schritte zu planen, ist nach dem Laserscan eine weitere Untersuchung vorgesehen. Eine Kameradrohne soll das fast 30 Meter hohe Gewölbe im Mittelschiff abfliegen und Risse aus nächster Nähe dokumentieren. 

Die digitale Vermessung der St.-Nicolai-Kirche markiert den Beginn einer umfassenden Restaurierung, die dieses bedeutende Bauwerk für zukünftige Generationen bewahren soll. Dank modernster Technik und sorgfältiger Planung hoffen die Verantwortlichen, die besondere Backsteingotik von St. Nicolai in neuem Glanz erstrahlen zu lassen.

Beim Blick auf den Altar lässt sich kaum erahnen, dass in der Kirche so dringend Sanierungsmaßnahmen notwendig sind. (Foto: Schwanitz)

Historie

Die Nicolaikirche in Lüneburg hat eine lange Geschichte. Der Vorgängerbau der Kirche, eine Kapelle für die Einwohner des Wasserviertels, wurde im Jahr 1409 geweiht. Bereits im Jahr 1420 beschloss der Rat der Stadt, die Kapelle zu einer Kirche zu erweitern, und die Erweiterung wurde um das Jahr 1440 abgeschlossen.

Die Innenseite der Nicolaikirche ist mit Eichenschnitzwerk verziert, das vom Lüneburger Meister Hans Snitker geschaffen wurde. Die Gemälde auf den Flügeln der Kirche werden dem Hamburger Meister Hans Bornemann zugeschrieben. Auf den geschnitzten Innentafeln werden in 20 Szenen über zwei Register das Leben Jesu von der Verkündigung bis Pfingsten dargestellt, mit einer Kreuzigungsszene in der Mitte. 

Im Jahr 1895 wurde der neue Turm der Nicolaikirche fertiggestellt. In diesem Turm waren fünf Luteglocken versammelt, die alle aus der St.-Lamberti-Kirche stammten, die 1859/60 abgebrochen wurde. Die Beschlagnahmung während des Zweiten Weltkriegs überstand nur die mächtige Marienglocke. 

Die Nicolaikirche in Lüneburg ist die jüngste und kleinste der drei gotischen Kirchen in der Stadt. Sie liegt im Wasserviertel und war einst das Gotteshaus der Schiffer.