Lüneburg. Die Zeit für einen Stadtbummel hat Dieter Rathing bisher nicht gefunden. Wenn der neue Lüneburger Regionalbischof in den letzten drei Monaten seinen Wohn- und Dienstsitz, die Landessuperintendentur am Hasenburger Weg, verließ, steuerte er meistens entferntere Ziele an. Bleckede zum Beispiel, wo er seinen ersten Kirchenkreis-Besuch absolvierte. Das Wendland, wo er sich mit dem EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider und Landesbischof Ralf Meister über die Situation rund um das geplante Atommüll-Endlager Gorleben informierte. Oder das knapp zwei Auto-Stunden entfernte Wolfsburg, wo derzeit ein neuer Superintendent gesucht wird.
Die im großen Sprengel Lüneburg mit seinen zwölf Kirchenkreisen anfallenden Fahrzeiten im Terminkalender zu berücksichtigen, ist für Dieter Rathing neu. Doch in allen Herausforderungen, die das leitende Amt mit sich bringt, erinnert er sich gern an den Einführungsgottesdienst am 28. August. „Beeindruckt hat mich das Vertrauen meiner Kirche, die mir den Dienst anvertraut hat“, bekennt Rathing, der demnächst 55 Jahre alt wird.
Schon als Gemeindepastor habe er gern Hausbesuche gemacht. „Ein wichtiger Teil meiner Gemeinde sind nun die Pastorinnen und Pastoren, die Nähe zu ihnen ist mir wichtig“, beschreibt Rathing sein Selbstverständnis als Landessuperintendent. Er wolle die Kirche vor Ort stärken, den Menschen Mut machen in ihrer Verantwortung für die Weitergabe der christlichen Tradition. Und für die Bewahrung der Schöpfung.
Dass dies keine Floskel ist, hat der Lüneburger Regionalbischof durch seinen Einsatz als Seelsorger während des letzten Castor-Transports bewiesen. Die Menschen im Wendland sind für ihn „stark“. „Stellvertretend nehmen sie hoch wichtige Aufgaben wahr, suchen nach Antworten, wie ein verantwortlicher Umgang mit dem Ewigkeitsproblem der Endlagerung aussehen kann.“ Niemand sei so kompetent wie die dort vom Atommüll Betroffenen. Die Demonstranten seien keineswegs die Nein-Sager, als die sie manchmal wahrgenommen werden. „Sie sind Ja-Sager zu einem schonenden Leben in der von Gott geschenkten Schöpfung“, weiß Rathing.
Gefragt, welche drei Orte er einem Besucher seines Sprengels derzeit als erstes zeigen würde, nennt Rathing die Kirchengemeinde Fliegenberg an der Elbe mit ihrem besonderes Engagement für die Erhaltung der Pfarrstelle, das Arbeitslosenprojekt Woltersdorfer Mühle bei Uelzen, wo soziale Verantwortung und Spiritualität verbunden sind, schließlich die Lüneburger St. Johanniskirche, „meine Predigtkirche“.
Dass er als Landessuperintendent das Privileg hat, an vielen Orten zu meistens schönen Anlässen wie Jubiläen oder Einweihungen zu predigen, ist ihm bewusst. Überrascht habe ihn, welchen hohen Wert die Kirche für die Menschen in den Dörfern und Städten hat, gesteht Rathing. „Die Kirche ist für die Gesellschaft bedeutsamer als wir selber oft denken.“
Worauf sich der bekennende „Weihnachtsfan“ in den nächsten Monaten freut? Natürlich Heiligabend. „Die Weihnachtgeschichte lese ich immer mit einem Hochgefühl, die Weihnachtslieder singe ich aus voller Brust.“ Wenn er auch sonst bekanntlich gern Hörbücher hört, in dieser Zeit wechselt Rathing das Genre. „Advent, Weihnachten und danach höre ich so viel Musik wie sonst das ganze Jahr nicht.“
Hartmut Merten