Kirche als Ort besonderer Freiheit
Wenig Sinn hingegen hatte er für kulturbeflissene Attitüden. Er hielt es für ein elementares Menschenrecht, nach getaner Arbeit oder vor der nächtlichen Abfassung von Texten für die EKD reichlich Filme und vor allem Filme mit vielen Toten sehen zu dürfen. Der EKD, den Kirchen hielt er die Treue, bei aller Verwunderung über so manches kirchenleitendes Mittelmaß. Denn die Kirche hatte er selbst kirchenfern aufgewachsen früh schon als Ort besonderer Freiheit erlebt, in dem der Wahrheit die Ehre gegeben werden durfte. So konnte auf sein Betreiben hin in den Kammern für Theologie und öffentliche Verantwortung der EKD, in der EKD-Synode in etlichen internen Beratungsgängen die Theologie immer wieder zum Puls- und Herzschlag der Kirche werden.
Kirchliche Aufgaben, die er übernahm, übernahm er gründlich. Kein Gebäude der Württembergischen Landeskirche dürfte je zuverlässiger renoviert worden sein als das Evangelische Stift. Denn als dessen Ephorus war er täglich während der Umbauarbeiten präsent, prüfte, stellte Rückfragen, regte an und avancierte zum gefürchteter Gast der Bauleitung, täglich präsent. Nichts ließ er durchgehen.
Immens seine Freude am Fall der Mauer, die einer niemals zur Schau getragenen inneren biographischen Zerreißprobe endlich ein Ende setzte, und der Freiheit die Ehre gab. Als Zeichen seiner wissenschaftlichen Weltläufigkeit kann dann die Art gelesen werden, wie er nach seiner Emeritierung die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) und dort der interdisziplinären Forschung eine neue Fassung zu geben verstand. Zeitlebens interessierten ihn eben die Stimmen der anderen, anderer Disziplinen und Lebenskontexte. So war es kein Wunder, dass der Orden pour le meritè ihn zu seinem Kanzler berief.