Wählen mit Verantwortung: Warum die Kirche jetzt zu den Urnen ruft

Pressemitteilung 11. Februar 2025

Gemeinsam Verantwortung wahrnehmen

Zwei Wochen vor der Bundestagswahl ergreifen die evangelischen und katholischen Kirchen in Niedersachsen und Bremen erstmals gemeinsam das Wort und rufen zur Teilnahme an der Wahl auf. Unter dem Motto „Für dich: Mit Herz und Verstand“ fordern sie alle Bürgerinnen und Bürger auf, ihr Wahlrecht zu nutzen und sich für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt einzusetzen. Auch zahlreiche ehrenamtliche Vorsitzende kirchlicher Leitungsgremien schließen sich dem Appell an.

Ein Zeichen für Demokratie und Zusammenhalt

Angesichts globaler Herausforderungen wie Krieg, Flucht und Armut betonen die Kirchen die Notwendigkeit eines kritischen Dialogs mit allen demokratischen Kräften. „Demokratie lebt davon, dass wir uns mit den Themen der Menschen auseinandersetzen und Zweifel ernst nehmen“, heißt es in der Erklärung. Dabei müsse das Vertrauen in die politisch Verantwortlichen gestärkt und eine Kultur der offenen und respektvollen Debatte gepflegt werden.

Landesbischof Ralf Meister unterstreicht diese Haltung und zitiert aus Psalm 97: „Die Himmel verkünden seine Gerechtigkeit, und alle Völker sehen seine Herrlichkeit.“ Dabei mahnt er: „Die Herausforderungen für unser Land sind groß. Sie können nur in einem Konsens der demokratischen Parteien gelöst werden.“

Nächstenliebe als politischer Auftrag

Mit Blick auf gesellschaftliche Spannungen betonen die Kirchen die Bedeutung der Nächstenliebe als ethische Richtschnur. „Es geht um Sympathie und Mitgefühl für viele und damit um ein Handeln, das dem Nächsten mehr gibt, als ihm nur rechtlich zusteht“, heißt es in der Erklärung. Darüber hinaus fordern die Kirchen eine stärkere Berücksichtigung der Bedürfnisse junger Menschen und mehr Engagement für den Umwelt- und Klimaschutz.
„Zusammenhalt geschieht nicht zufällig“, erinnert Landesbischof Meister. „Er braucht gelebte Nächstenliebe und den Respekt vor der Würde jedes Menschen.“

Dialog statt Spaltung

Die Kirchen mahnen zur Offenheit gegenüber unterschiedlichen Positionen und rufen dazu auf, Debatten sachlich und kompromissbereit zu führen. Sie warnen vor einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft und werben für gemeinsam getragene Lösungen. „Unsere Demokratie braucht Orte des respektvollen Dialogs. Kirchen und Gemeindehäuser können genau diese Räume bieten“, betont Meister.

„Für die bevorstehende Bundestagswahl sind mir drei Begriffe jetzt besonders wichtig. Menschenwürde, Nächstenliebe, Zusammenhalt. Die Menschenwürde ist ein für mich besonders prägender Begriff, in unserem Grundgesetz verankert, Gott sei Dank, ein Begriff, der für uns Christinnen und Christen auch biblisch verankert ist“, sagt Marianne Gorka, Regionalbischöfin des Sprengels Lüneburg. Würde bedeute in diesem Kontext, „du bist genauso wertvoll wie jeder andere auch.“

zur Webseite

"Die Menschenwürde ist ein für mich besonders prägender Begriff, in unserem Grundgesetz verankert, Gott sei Dank, ein Begriff, der für uns Christinnen und Christen auch biblisch verankert ist.“

Regionalbischöfin Marianne Gorka

Gebet und politisches Engagement

Neben der Wahlteilnahme laden die Kirchen dazu ein, für die politisch Verantwortlichen zu beten. „Wir bitten um Klugheit, Besonnenheit und Menschenfreundlichkeit für alle, die politische Verantwortung übernommen haben“, so Meister. Darüber hinaus rufen die Kirchen ihre Gemeinden dazu auf, aktiv das Gespräch mit Politikerinnen und Politikern zu suchen und kirchliche Räume für den gesellschaftlichen Dialog zu öffnen. „Suchen Sie das Gespräch. Laden Sie sie ein. Weisen Sie auf die gemeinsame Verantwortung hin, die wir in unserer Demokratie von ihnen in den Parlamenten erwarten. Unterstützen Sie ihre Anliegen und geben Sie Raum in ihren Kirchen und Gemeindehäusern für einen sachgerechten und fairen Dialog auch zwischen widerstreitenden Positionen“, betonte Meister in einem Schreiben an die Kirchenvertreter:innen der Landeskirche Hannovers.

Wer den Wahlaufruf unterstützt

Die Erklärung wurde von führenden Vertretern der evangelischen und katholischen Kirchen unterzeichnet, darunter Landesbischof Ralf Meister (Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers), Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ (Bistum Hildesheim) und viele weitere leitende Geistliche. Auch zahlreiche ehrenamtliche Leitungspersonen der beteiligten Kirchen schlossen sich dem Aufruf an.

Hintergrund: Ein historischer Schulterschluss

Der gemeinsame Wahlaufruf der evangelischen und katholischen Kirchen in Niedersachsen und Bremen ist eine Premiere. Noch nie zuvor haben sich die Kirchen in dieser Region mit einer so klaren und einheitlichen Stimme für die politische Mitwirkung ihrer Mitglieder eingesetzt. In einer Zeit, in der gesellschaftliche Spaltungen und populistische Tendenzen zunehmen, setzen die Kirchen damit ein starkes Zeichen für demokratische Werte und Verantwortungsbewusstsein. Sie zeigen, dass kirchliches Engagement weit über den kirchlichen Raum hinausgeht und ein wesentlicher Bestandteil des gesellschaftlichen Diskurses ist.

zum vollständigen Text der Erklärung

Statement Regionalbischöfin

Sehen Sie hier ein kurzes Video-Statement von Regionalbischöfin Marianne Gorka zur Bundestagswahl 2025.

zum Video auf Instagram

Über die Kampagne

Der zentrale Claim der Initiative bindet alles zusammen. Für alle bedeutet: Menschenwürde, Nächstenliebe, Zusammenhalt kennen keine Ausnahme. Im Zusammenklang dieser drei Grundbegriffe können wir unser Gewissen schärfen. So lassen sich gewissenhaft Wahlentscheidungen treffen. 

Wenn wir Gesellschaft gestalten, wenn Politik gemacht wird, wenn wir diskutieren, wenn wir streiten, wenn wir wählen – dann sowohl mit Herz als auch mit und Verstand. Es braucht den analytischen Blick genauso, wie den des Herzens. Das macht unsere Ganzheitlichkeit als Menschen aus.

Wir werben dafür, dass Wählerinnen und Wähler sich mit den verschiedenen Programmen auseinandersetzen und eine Entscheidung „mit Herz und Verstand“ treffen.

Gleiches gilt auch für das Handeln derjenigen, die Politik machen und Entscheidungen treffen. Menschenwürde, Nächstenliebe, Zusammenhalt können uns in Debatten, im Ringen um gute Lösungen und am Ende auch für eine Wahlentscheidung leiten.

zum Video auf Instagram